Ein Philosoph braucht keine Badewannen – könnte man denken.
Und mit ebenso messerscharfer Syllogistik
Könnte man schliessen, dass jemand wie ich, der kein Philosoph ist
folglich auch niemand ist,
dem ein ganzes Haus mit Badewannen, die goldenen Wasserhähnehaben, zusteht.
Nun, ich hab die da nicht reingemacht.
Die waren schon drin.
Das Haus gehörte eine Freiburger Schwulenpaar, das sich gegen die Kälte und die Waldschratnatur der Freiburger sehr um ihr Glück bemühten. Verzweifelt manchmal, völlig hysterisch - erzählten die Nachbarn. Wie dem auch sei - Offenbar gehörten goldne Rohre und vergoldete Blätterspiele dazu.
Die beiden Herren sind schon eine Weile verstorben, ins Haus zog Schimmel ein und grosse Pilze, Adonis verwittert im Garten, meine Tochter hat ihm ein Hemd ûbergezogen, damit man das Zizi nicht sieht, dabei liebt auch sie die Badewanne und
Ich hab nicht genug Geld, um Wasserhähne aus der Wand zu reissen.
Il faut, wie eine Kameruner Freundin gerne sagt:
il faut composer avec ce qu’on trouve. Les moyens de bord.
Da der Luxus mir peinlich ist und die Stromrechnungen bezahlt werden wollen, da die afrikanischen Filmcrews ihre Rechnungen nicht bezahlen und die Südbadender Tonsetzer meine Arbeit mir mit einem guten Glas Wein bedenken - immerhin - doch schafft zwar nur einen bedenklichen Ruf und drauf noch weniger Arbeit, sehe ich genötigt, Haus und Badewannen zu vermieten.
Meine neuste Errungenschaft –
Bitte.
Es ist eine Errungenschaft:
Ich muss meinen Vorbehalt einem fremden Menschen gegenüber überwinden
In Kauf nehmen dass eine Gewissheit ins Haus einzieht, die Gewissheit im Blick und der Unterlippe der jungen Menschen die mich prûfend anschauen
Und es so deutlich ist
Dass sie sich fragen wenn so jemand wie ich so ein Haus gefunden hat,
wo werden sie selbst dann in zwanzig Jahren sein
bac à sable, Weitsprungbecken des sozialen Aufschwungs -
Und ich muss das Misstrauen der Auswärtigen überwinden,
sie über die Herablassung und den Ehrgeiz von jungen Akademikern hinweglotsen
Mit der bitteren Bescheidenheit der Hausputze.
(Denn Philosophen putzen nicht, Studenten auch nicht)
Der malaise eine leise Erkenntnis abgewinnen.
Nun badet meine neuste Errungenschaft gerne. Vielleicht kennt sies nicht anders. Oder nicht so und muss jetzt was sie nicht kennt, nachholen.
Soll sie nur: Deleuze, Hegel oder Fichte lesen, hören (Heidegger) oder Fermat versus Descartes, wâhrend das Wasser läuft aus goldenen Rohren pullert, warum nicht.
Wâhrend das Wasser aus Goldenem rauscht - über Bioethik und Euthanasie nachdenken.
C'est là où le bat blesse - könnte man sagen.
Was mach ich jetzt?
Selbstverantwortliches Handeln und der Suizid, kann ich denken und mir meine Putzsachen zusammensuchen.
Und schon klappt die Hausfrauenfalle, die reaktionäre über mir zu.
Selbst wilde Romantik, Ruinen des Geistes, zerfallendes Holz will gepflegt sein, damit der nächste
hier wohnen, arbeiten kann.
Nun ist dieses Haus eins, in dem die Euthanasie von Irren und psychisch Kranken durchaus Thema ist, wo Kunst und Handicap, eins werden, Körper sind.
Wo - ein kranker Körper, eine kranke Lust, ein Kranker Geist - und mein Gutmenschentum zwingt mich, mit meiner ebenso blöden wie reaktionären Lust geradezu dazu: Behinderung zu sagen. Was doch keine sein soll.
Reaktionär eben, alte Frauen halt, das ganze Leben krummdenkend.
(ich werde bald einen Putzdienst einrichten müssen, denn mir tut schon
der Rücken weh, aber das interessiert meine Philosophen nicht.
Aber die Empathie, Herrschaften, sollte doch auch ein Gut der Philosophen sein.)
Vielleicht verschwindet Empathie im heissen Wasserdampf, der Stolz der Selbstverantwortlichen erwacht, und man kann mit leisen, schnellen Schritten, dem Künstler aus dem Wege gehen, der zwei Stockwerke und doch tief unter im Keller mit alten chemischen Prozeduren Licht in Silber fressen lässt.
On va en parler, je pense.