Dienstag, 16. Februar 2021

REVENGEporn - als literarisches Kriterium.

 Vor vielen Jahren, während einer Gastausstellung eines Berliner DICHTERS in meinem kleinen Arbeitsraum in Paris, den ich finanzierte und "wir" :ein paar meiner Schauspieler zu einer improvisierten Galerie ausbauten, mußte ich für mehrere Monate einen Kindertherapeuten zu Rate ziehen, weil sich mein Kind sich nachts sehr auffallend verhielt.

Auch die umliegenden Ateliers, deren Hausmeister und Nachbarkünstler begannen, mir heftigste Vorhaltungen zu machen, weil der Berliner Dichter, wie er sich gerne bezeichnet, und der für ein paar tage eingeladen (oh viel zu wenig und von "uns" viel zu schlecht vorbereitet) statt der angekündigten collagen des URBAN JUNGLES einen 5- Stündigen Slow-Motion Porno auf Super-8 filme unzensiert  ins Schaufenster gestellt hatte.

Die heftigen Proteste, das Aufeinandereinreden, welches heute vielleicht, im Jahr 2020 oder 2021 etwas verständlicher sind, brachten den B.PUNKT Dichter, wie ich ihn gerne bezeichnen möchte, nur mit äußerster Mühe dazu,  seine EXTREMPOESIE in einem Winkel meines Arbeitsraumes unterzubringen, der für Kinder und zufällige Passanten nicht unvorbereitet einsehbar war. 

Natürlich war ich die Versagerin und zutiefst schuld, auch hatte ich die Texte in ein dämliches Französisch überstezt, was mir als Dramatikerin doch in Perfektion hätte angeboren sein sollen, männliche EXZELLENCE-Erwartungen können auch heute noch getoppt werden -

und da zudem ich sofort mein Kind über die Landesgrenze brachte, um es sich erholen zu lassen

ein fragwürdiges Unternehmen -

nutzte der Dichter die Gelegenheit, sich an der technischen Ausrüstung schadlos zu halten. Geschah mir  reichen Votze ja recht.

Was mich noch heute dazu bringt, über die Vulgarität nachzudenken. Wie man jemanden stigmatisiert.


Seit mehreren Jahren habe ich nun ein pornographisches Problem, es ist witzig, nicht, sagte der B.PUNKT Dichter neulich, dass HUSSERL mich nicht loslässt -

und da sich die Probleme dort häufen, wo sich meine Gedanken zu Husserl finden liessen, so erschliesst sich noch ein ganz anderer Gedankengang, der nämlich, dass mich doch ganz andere Dinge nicht loslassen sollten.

Dass man als "Blaustrümpfin" doch nicht solche Ansprüche haben sollte.

(von Botho Strauss ist mir nicht viel in Erinnerung geblieben, nicht viel außer dem Satz: "Sie sitzt auf ihrem Geschlecht" und noch heute frage ich mich, welchen Sinn er damit verbindet) -

Es sind männliche Konstruktionen einer  Persönlichkeit, bei denen ich immer den Wunsch habe, sie so scherenschnittgleich aus mir herauszuoperieren, wie man sie mir aufzwingt.

Vulgär und obszön ist jedoch diejenige, deren Entblössung jeder zusehen kann.



Vulgär und obszön kann keine Situation sein, die andere zu einer obszönen Person macht - und vulgär ist keiner der Freiburger Kunstzensoren, die mein Haus für leerstehend halten und offen für jeden, der Lust hat, bezeichnet.

Da fällt mir ein französisches Wort ein, machin-là, ein chanson des frühen Gainsbourgh, das man mit einem Wort so Obszönes sagen kann.

So ist in Freiburg obszön nicht der Brunnen, den man wie das Rote Meer über den Resten der alten verbrannten Synagoge zusammen hat schlagen lassen..


Dem B.Punkt Dichter ist sicherlich heute noch unbegreiflich, dass ich dafür Therapierechungen bezahlt habe. Schlicht und einfach deswegen, weil das "ICH", das da therapiert wird, ja niemals zu einem integren Ganzen finden wird - das ist der Revengeporn -Aspekt.

Und das ist das Witzige daran, meint Dichter PunkB, dass jemand wie ich den Husserlschen Ansatz der philosophie - die Epoché garnicht hinkriegen wird.