Ich solle nicht unterschätzen, welchen fragwürdigen, zweifelhaften Stellenwert
meine losen dahingesagten Bemerkungen haben. Mir mehr bewusst sein,
wie sehr sie meiner Absicht schaden, einen positiven Einfluss zu nehmen
Schaden abzuwenden, Betroffenheit auszudrücken, Trauer zu vermitteln...
Zudem sollte ich beachten - der mahnende Ton der Kritik lässt sich kaum überhören
die normative Aspekt der Zum Gedenken ausgerichteten Sprache.
Dass die zweifelhaften Versuche einer Aufarbeitung der Vergangenheit
durch eine schamlose Sprachweise bedroht sind, dazu dienend, die Betroffen abzuwerten und geeignet sind, sich selbst lächerlich zu machen.
Trauer fasst sich in Deutschland mit goetheanischer Anmut oder garnicht
der Kulturprotestantismus kennt die Etikette wie die Regeln des guten Tons.
Dazu gehört auch, dass Aufarbeitung sich mit der Respektabilität des recherchierenden Subjekts verbindet: da ist die Historikerkommission, das journalistische Rechercheteam, der renommierte Autor - denen gegenüber der Amateur, der Hobbyhistoriker bereits im Namen, in der Etikette die Zweifelhaftigkeit mitsichführt.
Schwerer wird es nur noch, wenn unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung
und unter der Akzeptanz eines Erkenntniswertes gesucht und recherchiert wird –
eines Erkenntniswertes, der sich nach Leistung und Verkaufszahlen dividiert.
nach Zusammenhängen die immer noch, nach vielen Jahren, nicht bekannt sind.
In diesem verminten terrain, auf dem
das GEDENKEN ebenso maßvoll ist wie gehaltvoll die Aufarbeitung,
so fest und unbeirrt in die Tiefe starrt
als wäre es ein offenes Grab
als lägen dort die Opfer aus Halle
und über dem die ebenso routinierten wie literarisch gutgeschriebenen Rundumschlagsanklagen gegen den Wind fliegen
scheinen mir, dem Einzelgänger, dem Aussenseiter
dass das Lächerlichmachen
das Blosstellen ein Aspekt ist, eine facette zeigt
die einem Mauern
dem Nichtwissenwollen gleichkommen.
Es gab da das dialektische Verhältnis einer exculpation. Unschuldsvermutung, in dem man alle anderen für schuldig erklärte.
So ambivalent wie das offene Grabmahl des Maréchal du Saxe.
Und da mir die Sprache gern unter der hand davon läuft, muss ich aufpassen, das ssich nicht ein paar leporello-Töne hineinmischen
ein „Guardate“ –
am offenen Grab, an dem man nicht ungestraft provoziert.
Da gibt es die verbitterte Behauptung, es sei geschwiegen worden, gelogen und gemauert von der Tätergeneration, schlimm genug) , aber die Aufarbeitung der dritten Generation so albern und verlogen wie die Erzählversuche der ersten
Doch das scheinheilige Gedenken desjenigen, der anklagend behauptet
nie irgendwas erklärt bekommen zu haben- ist falsch. Eine Lüge.
Was ich dieses Mal ziemlich genau weiss, denn schliesslich hab ich die Dokumentenpackete aus den Schränken gezogen.
Man muss vielleicht sozialer und gesellschaftlicher Außenseiter sein, um
zu wissen wie schwierig das ist, an Informationen zu kommen, wie nötig es ist, Netzwerke zuhaben, wie leicht sich das sagt, da habe einer ohne Unetrstützung gearbeitet – und sei von selber, von nichts
an die Technik gekommen, an Ausstattung.
So denkend umkreise ich die wenigen biographischen Überbleibsel, die 2 Aktenordner drei vier fünf, die Skizzenbücher, die Studienblöcke des Studenten des deutschen Ingenieurswesen und die fehlenden Briefe des späteren V2 Ingenieurs
von dem eine recht merkwürdige Todesattestation vorliegt, ausgestellt 1945 in Bad Gastein.
Einen heutigen Gedenker, den ich danach also fragte
nach dem KZ Ebensee, Aussenlager von Mauthausen, nach unterirdischen Stollenarbeiten, Munitionsfertigungsanlagen irgendwo in den Alpen,
den Unterirdischen Fertigungsstellen, in denen Goehring die V2 oder die MAUSER fertigen liess.
Wie das sein kann, fragte ich, dass da 70 Jahre lang Briefe liegen, in denen ganz ungeniert von unterirdischen Stollen gesprochen wird, Zwangsarbeitern, die während der Bombardierungen nicht in die Bunker dürfen...durften....
und ob hier nicht Aufarbeitungsbedarf bestünde, Wiedergutmachungsbedarf ?
Da bekam ich die Antwort, das sei trauriges Leben, ein bescheidenes Lieben sei das gewesen, das dürfe man denen doch gönnen...
und schon klang ein Schmachtfetzen an. Der in der Luft schwebende Satz meinte nicht die Zwangsarbeiter, er meinte die zu schützen, welche damals Aufsicht führten…
aber ich hatte nach dieser Briefsstelle gefragt:
Ganz präzise.
Was heisst das…“ich baue Stollen“ ?
Aber, wie gesagt, dass interessiert niemanden. Nicht heute nicht vor zwanzig dreissig vierzig Jahren: Bunker nur für zwei, eine Art Inception...Incipit des Gedankens....
Nun ist meine Aufarbeitung sicher nicht richtig,
Unterirdisch.
Das interessiert Sie nicht – Sie wollen den schönen Schein oben.
Auch wollen Sie nicht den Vergleich des Einzelnen Attentäters von heute
mit einem Vergleich zum Verhalten des dilettierenden Hobbyhistorikers.
Angedenken ist nicht Identifizierung....
Nun, ich kann verstehen, dass die jüdische Gemeinden, die einen lebendigen Versöhnungstag feiern, den Weg deutscher Vergangenheitsbewältigung und Annahme deutscher Schuld nicht wissen oder kennen wollen müssen.
Dass für sie Aufarbeitung nicht Teilnahme ist
Dass es zwei verschiedene Dinge sind, der Vergangenheit gedenken und vor dem heutigen Erstarken des Rechtsextremismus warnen –
dass aber die Beschäftigung mit dem Revisionismus – mit leugnen und Verleugnen Jüdischen denkens und jüdischer Geschichte in einer ganz anderen Beziehung -
und das ist ein sehr viel diffiziler Punkt.
Das Stollengebiet
die verlassenen Bunker
Curiosa kommen ja schon so leicht in Verdacht
für Rechtsextreme ein beliebtes Souvenirareal zu werden.
Ganz so wie die Beschäftigung mit jüdischen Themen, die einen zum Holocaustleugner werden lassen, weil das Verleugnen der Massenmorde nicht benannt wird -
von DEN TÄTERN, von den Nachkommen, von mir, der ich einsam und unbrauchbar durch die nächtlichen Gassen laufe.
sagt der mir vorwirft, die Vergangenheit zu verharmlosen, zu beschönigen.
Vorwürfe wandern so leicht –
und stellen so, nichts überraschendes, alte Zusammenhänge neu wieder her, als Abwertungsstrategien alte Denunziationen.
Wer sich mit dem Judentum beschäftigt, tut es in dieser Wahrnehmung nur als Denunziant als Störer, oder als einer der den Vorwurf der Täter hinüberwandern lässt, so als wären jüdische Leute selbst Revisionisten…
So starrt man in den Abgrund der Vergangenheit
mit dem üblichen christlichen Gesicht
und vergisst ganz, dass es heute um die Lebendigen geht.
Aber vielleicht ist es besser, so wie in meinem Fall, zu den Totgesagten zu gehören.
Um diese Bunkermentalität ein bisschen aufzumischen.