Samstag, 16. April 2016

Nadjas Katze und Philomena's song.

In Ulrich Ritzel neuem Buch „Nadjas Katze“ geht es um die Geschichte einer Adoption und es geht um des Autoren Alter Ego Berndorf.  Der im Epilog erklärt, warum und inwiefern dies nicht seine Geschichte ist. Dass dies nichts ein Geschichte ist, erklärt er nun  mit mehreren verschiedenen
Argumenten die, bruchstückhaft angeordnet den Eindruck verbissen hingeworfener Gedankenklötze machen:

"Wenn Wanderweg solche Interna kannte - warum, verdammt nochmal, hat er nicht eine knallharte Story darüber runtergeklappt? Er war doch Journalist! Stattdessen saugt er sich eine spätromantische Gespensterreise..."

 "Das Fach Zeitgeschichte war bis weit in die sechziger Jahre fest in den Händen von Leuten, die sich schon unter Goebbels die Lorbeeren verdient haben......"

 "Erst als er begriffen hat, dass in der Bundesrepublik den meisten der Nazi-Mörder kein Haar gekrümmt wurde..."

Nun war das aber genau der Grund, warum ich die Geschichte angefangen hab, zu lesen.
Denn ich bin auch eine Ritzel und ich habe mich in Nadja erkannt, aber ich werde nicht die einzige Ritzel bleiben. Dieses vermeintliche Wiedererkennen  erstaunt mich nicht über Gebühr, denn kenne ich doch den Autor, weiss, was ich ihm an Büchern oder DVDs schenke, weiss, was ich dazu sage und, wie man auf meiner Webseite ersehen kann, arbeite ich auch noch  an Projekten, die ich „biography behind biografie“  nenne oder Biografie hinter der Literatur.

Und natürlich habe ich mich in Nadja wiedererkannt; was nicht schwer ist, denn schliesslich beschreibe ich mich selbst seit Jahren auf  diesem Blog und mit meinen kleinen literarischen Photokopien und Minidruckerzeugnissen als Literat des nichts. 

Ich bin sozusagen leicht an die Wand zu drücken.

Dass man ein Buch damit beginnen muss, mit einer beiläufigen hässlichen Szene einer auf offener Strasse begangenen Demütigung, so deutet das an:  wenn ein Hinweis so offenkundig ist, dann soll der Spass sitzen.

 Und richtig, ich suche nach Büchern, nach verschwundenen Manuskripten, nach philosophischen Texten, nach emigrierten ausgewanderten ins Kz geschickten Philosophen, nach einem Manuskript, das ein Philosoph verschluckt, vernichtet.
Das interessiert mich. Ein Journalist, der nicht recherchiert.


Nun ist es nicht das erste Mal dass ich mich in einem Text wiederkenne. Auch Virgile Durand hat einen Text von mir zuerst verformt, dann ein Neues darum geschaffen.
Ces gens-là.
Manchmal spiele ich die Texte sogar. Ein kleines Äffchen für Tanja beispielsweise.
Und ich habe auch kein Problem mit einer abwertenden Selbstbeschreibung. Einer Schmähkritik. Das hat philosophische Gründe - für mich - , mein "Ich" ist irgendwie anders strukturiert als das von andern  Menschen, es hat Platz fürs Nichtssein.
"Nataly Ritzel" hört deswegen nicht auf, zu beobachten, noch Teil eines lebendigen Prozesses zu sein oder gar Teil einer Kraft, die stets verneint.
Nun eine Katze. Virginia Woolf.  Ganz offenkundig eine Literarische Figur, die es nicht ins Ichhafte, ins Selbstbewusstsein schafft.


Eigentlich  wollte ich hier auf den ZeitArtikel vom  13.4.16  verweisen
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/kriegsenkel-2-weltkrieg-folgen-erbe-schuld-trauma, der sich den  Problemen der Kriegsenkel gewidmet, die selbst in einer Wohlstandsgesellschaft aufwachsen, doch für eine Kindheit der Kriegskinder büssen müssen, die sie nicht erlebt haben. Statthalterprobleme der Schuld und emotionaler Armut.
Dabei bin ich mir sowieso über meine Rolle unklar, so verschwommen unpräzise ist die Leere, die ich füllen muss. Manchmal  - als Äffchen - weiss ich nicht, bin ich nun meine eigene Grossmutter oder ihr Enkelkind. Es war, um ehrlich zu sein,  ein wenig deprimierend, als junge Frau für alt gehalten zu werden und mit 50 älter zu sein als ein 75 jähriger.. es ist die nutzlose Frauengeneration und die nutzlose Frauengeneration  ist seit hundert Jahren austauschbar. Gouvernante, nannte mein Grossvater das, Buchhändlerin  der andere.

Doch immer so geschickt, dass der eigentliche Platz der Gegenwart – und es geht hier nicht um eine Zeitstelle, oder eine fundamentalontologische Analyse - sondern der Platz des aktiven Seins schon besetzt wird von jemand, der dennoch nicht in Erscheinung tritt:
Die gestorbene Zukunft wie die zum Leben unfähige Vergangenheit fokussiert verschwimmt
 in jenem Erzähler.

Zizek spricht von den sozialen Rechten, die ein Individuum hat: es braucht nicht nur die Freiheit, seine Meinung darzutun, es braucht auch die soziale Freiheit seine Meinung umzusetzen.
Hier, würde ich meinen, fehlt mir, Nataly etwas und dieses was mir fehlt, kommt einem anderen zu.


Das Problem ist, dass ich ein paar Informationen brauche.

Girardin zum Beispiel. Von dem ich weiss, dass er mal anders hiess.
Inzestuöses erzâhlt man sich. SS-haftes schwirrt durch den Raum.
Nichts Beweisbares.


Etwas übergriffig...
Könnte man sagen ..und vielleicht ist das ein korrektes zutreffendes Wort.
Das Problem ist dass ich,  um die  philosophischen Familiengeschichte rekonstruieren zu können, konkrete Detailinformationen suche.  Bei der Aufarbeitung  eines Nachlasses, mehrerer Nachlässe
Fragen habe.


So wüsste ich gerne mehr über Carolina Tromp.
Ro Joosten.
Und hier kommen die Kinder ins Spiel. Und die Kirche.


Deshalb hatte ich mich an den Autoren Ulrich Ritzel gewandt.
Dass die Frage nach Hildegard Fath nicht viel ergeben würde, war klar. Aber Abs Joosten?
Als Kind habe ich ihn einmal kennenlernen dürfen. In München bei einem Kongress über Heilpädagogik. 
Aber gibt eine persönliche Erinnerung einen Anhaltspunkt und darf man ihn benennen?
Die Suche nach Joosten traf auf schwerste Bedenken.


Filmausschnitt.






Nun ist das ein Faux pas.
Aus der schönen Literatur, der unterhaltsamen,  in die sich beiläufig die Suche nach Carolina Tromp mischt, die es wirklich gab, die Joosten kannte und den Kontakt herstellte - in diese Recherche eines heute noch nicht recht erschlossenen zeitgeschichtlichen Rahmens von Rudolf Hess zu Martin Heidgeger von Maria Montessori bis hin zu ....
Cut.
Persönlichkeitrechte verletze.

Und wie das so ist bei den Ritzels, es wird mit literarischen Mitteln camoufliert;
So gibt es beispielsweise die Rätseln der Thilde Ritzel
In die - seitenlang -  die Tagebuchblätter ihrer Schwester Hildegard eingefaltet waren.

Nun ist Hildegard Fath nicht unbekannt, Rudolf Hessens Privatsekretärin - und dann: nichts mehr,
nur als "arme Frau" .Sie galt als warmherzig - was soll das heissen? - noch Rodi, Professor in.... hat mir das letztes Jahr per Mail bestätigt und köstlich die Anekdote wie Hitler ihr einen Brief diktieren wollte...Et puis, plus rien. Ich hätte es interessant gefunden, wenn mein Vater mir bei Familienbesuchen  ein bisschen Genaueres über die Familiengeschichte erklärt hätte. Vor zwanzig dreissig Jahren. Ein bisschen mehr vom Ulmer Einsatzgruppenprozess. 

Des Ich-Erzählers Einstieg in die Welt. 
Um der Reknstruktion eines geschichtlichen Ganzen, von dem ich, Nataly Ritzel nur behaupten kann, es sei geschichtlich, zeithistorisch, ethisch oder in philosphischer Hinsicht interessant, willen
bin ich selbst zur  Figur geworden. 

Arroseur arrosé....
So wie ich selbst mit Mutmassungen und unbeantworteten Fragen mühsam zu verstehen suche
Was Wolfgang Ritzel mit Martin Heidegger zu tun hatte. Was „Dichten“ und literarisches Erzâhlen mit Philosophie zu tun hat, was Sprechakt sein und meinen könnte -
Welche Seminare der stud phil und der Dr phil Wolfgang Ritzel bei Heidegger zwischen 1934  und 1939 belegt haben könnte und Inwiewiet er mit Husserls Schriften vertraut war –
Und ob er Elisabeth Rotten kannte.
Ob Gustav Regler eine flüchtige  Bekanntschaft nach dem Krieg war oder ob es einen Hauch von Beziehungen gibt.....  Barcelona im Sommer  1936.. 


Aber hat nicht auch Brecht so gearbeitet, Scharen an weiblichen Mitarbeitern, hier eine zutiefst patriarchalische Struktur der literarischen Aneignung.

PHILOMELA’s song.

Mit rausgeschnittener Zunge.  Ein bisschen Transgender in der RITZEL Machtnation, in der es ein eigentliches, ein auktoriales Ich nicht gibt und doch der  Autor  den Namen auf den Titel setzt.
Es spielt keine rolle WER das erzählende ICH ist- und einer Frau kommt -aus männlicher Sicht - schnell zu ...zuarbeitende...die Hilfsarbeiterrolle zu.
Mit der Hoffnung, dass meine Suche schon zu Ende geträumt sei, zu Ende beschrieben..beendet.

„Weiss Nadja, dass es ihre Geschichte ist?“

Warum muss ich die Frage so stellen, dass es Kunst ist? Kunstvoll? Nur die Kunst rechtfertigt alle Eingriffe in Persönlichkeitsrechte.
Mein Schweigen ist nicht aus Kunst gemacht.




Carolina Tromp in Lausanne – danach suche ich seit anderthalb Jahren.
Nach Paul Gehen, nach  Hans Trüb, seit neustem....
Ganz real und brieflich verbürgt



Mit falschen Pisten, mit gekappten Informationen wird es  schwierig. Wenn die Hälfte fehlt, wird man ein schlechter Verlierer.
Schlechter Verlierer um eine Biografie, die meine wäre.
Noch bevor ich überhaupt meine Suche abgeschlossen habe, werden meine Nachfragen, meine Suchen gegen mich verwandt. Hinweise verrätselt,  dorthin  uns die Kunst entführt und wir nicht d a s Leben vermuten.

Ins Kunstlose.
Die Frage an sich ist kunstlos. Die Suche selbst kunstlos muss aber im Suchen bereits KUNSTVOLL gedacht sein, denn sonst 

Cut.

Der Roman des U. Ritzel ist der bessere Text, die tiefere Antwort.
Repräsentativ für die deutsche Gesellschaft.
Das Problem ist die falsche Spur.

So haben einige der Zeitzeugen, die ich zu befragen suchte, sich an den preisgekrönten Autoren gewandt und nur an ihn. Das eine Mal dachte er, es sei ein sich anbiederndes Fanschreiben und hatte nicht darauf geantwortet,  das andere war zuviel Gerede...Die Antwort bekam ich nicht mit.

Denn schliesslich und das ist ein Fazit, geht es um eine sinnlose Geschichte. Eine Geschichte, die sinnloser Weise in unendlicher Leere verläuft, in der kann man auch mit einem betrogenen Betrüger Rollen tauschen.
Wo keine Geschichte ist, muss auch nichts recherchiert werden.
Ein Nazi dessen Antisemitismus notorische ar und sich nicht vertuschen lässt, dessen christliche Intoleranz sich auch heute  nicht beschönigen lässt.  Dessen Artikel im Völkischen Beobachter so ehern stehen einst ersonnen.


Aber ich habe winzige, kleinste Hinweise gefunden, darauf, dass es sich anders verhielt.
So what -  who cares.... Wie Automne sagte: Du läufst auf dünnem Eis.