Dienstag, 26. Juli 2016

Das Schweigen nimmt rückwärtsgehend zu

Ich mache es wie Cocteaus Orphé, ich höre den Nachrichten in meinem Autoradio zu.
Bei all den verwirrten Einzeltätern, die durch die Welt geistern, ist es vielleicht auch das Sinnvollste, was man tun kann.
Mein Autoradio, das ab und zu klemmt, wobei die Eminem-CD in dem ominösen Spalt verschwunden bleibt, ist meistens auf "search" gerichtet. Dann bleiben die Nachrichten aus Frankreich aus.
Es ist, finde ich, sehr praktisch - dass es alle nur psychisch Kranke Einzeltäter sind.
Das deutet darauf hin - eigentlich zeigt es plakatgross an, wie sicher, wie bombensicher unsere Welt und unsere Selbsteinschätzung sind.
Die anderen ticken einfach nicht richtig - und ausserdem brauchen sie verdammt viel Liebe, so heisst es.

So zwischendrin, wenn ich mal wieder vor einem der verschlossenen Archivtüren stehe, mit so einem Husserltext in der Hand
da mein ich auch, ich müsst an meinem Verstand zweifeln -
das ist eine schizophrene Situation.  Da werden Dinge gesagt, geschrieben die offenbar so nie gemeint waren. Sonntags oder sonstwann, wenn ich - anfallsartig - meine, seit 30 Jahren nicht publizieren zu können, Berufsverbot zu haben auf der schwarzen Liste zu stehen dann hol ich auch meine Axt raus und hacke meine Texte meine Romane meine Theaterstücke klein.
Swill ja eh niemand haben.
ich könnte sie genausogut in den Wald hängen.

Die taz schreibt von Rambos - als DER identitätsstiftenden popkulturellen Figur. Aber Rambo - nicht, sie hätten auch Arnold Schwarzenegger hinschreiben, und schon wärs wieder albern.
Es wäre ein Bild gewesen, dass uns klarmacht, wie albern dieser Traum des Einzelkämpfers wäre, und man könnte ganz leicht GEGENTRÄUMEN, muss ja nich unbedingt „Der Staat gegen Fritz Bauer sein“ oder Arno Klarsfeld….

Der Tod der Nachrichten schreibt -
die Metaphysik…
Der Kassandra-Komplex. Na, ich werd nicht drauf reinfallen. Ich jedenfalls bin bloss Nestbeschmutzer.


Man hat mir erzählt, dass in den Nachkriegsfamilien, den deutschen, in denen man so schlecht von Schuld und von Naziverbrechen reden konnte, wurde auch so verdammt viel geliebt. So haben wir ja eigentlich auch die Reinigung, die Bewältigung hinbekommen: da wurde nicht verurteilt, da wurde verziehen.
Man verzieh sich selbst als guter Christ.

Vielleicht wissen wir ja auch als gute Deutsche, dass wir so furchtbar hässlich sein können.

Manchmal bedaure ich, dass die jungen Franzosen,  all die Nachkommen der  "pieds noirs"  und die Nachkommen der pieds noirs juifs mich vehement davon abhielten, nachzufragen. Sie so offensichtlich keine Lust hatten, mehr vom OAS zu erzählen. Von Algerien. Von den Bidonvilles, den slums in Nanterre, wo Kinder sich Zeitungen in die durchgelaufenen Schuhe stopften, weil man keine Stiefel kaufen konnte.
War nich schön. 
Das war auch so eine verdammt wattierte Atmosphäre, voller nondits, Tabus, die wie ein schneidend dicht wattierten Nebel im Zimmer standen.
So ouattiert, dass sich das Gefühl für Wirklichkeit verschiebt.
UNWIRKLICH WIRD.Mit einem gewissen Sensorium, könnte man ja dieses GEFÜHL DER UNWIRKLICHKEIT als INDEX dafür nehmen, als  Hinweis…Achtung hier stimmt was nicht.


Ich hab dieses Gefühl vorzugsweise, wenn ich mit Philosophieprofessoren zu tun habe, diese Verwaltung von Wissen macht mir Kopfschmerzen, damit fängts meistens an, dann verursacht "es" reale Übelkeit, staubtrockene Semiranluft in der rhetorische Floskeln zirkulieren, die  Höflichkeit der Vor und Afterredner, die alles wegbeissen, tottreten, was nicht in die akademische Philosophie gehört -
aber ich will jetzt meinen Husserl text nicht zitieren.

Den schliesslich würden jetzt einige  wichtige Leute sagen, dieses Gefühl der Ichverfremdung sei
  1. meinem Rassismus geschuldet - 
  2. meiner kaputten deutschen Sozialisation
  3. meiner psychischen  Struktur als intellektuellem Versager. 

Alles zusammen macht mich unberechenbar.   Nun gibt es einige Intellektuelle, Schriftsteller, die mich für psychiatriegefährlich halten -  aber das hindert mich  nicht daran, nachzudenken.
Vielleicht habe ich da gelernt, dass es sehr schnell vorbei sein kann, mit der Gedankenfreiheit.
Unwichtig. Die Blogger von taz oder spon oder faz kennen solche Probleme nicht.
Dafür heimsen sie ja auch die literarischen Preise ein.

Ich hingegen grüble, ob ich die Dokumente, die ich so besitze, nicht einfach abfackeln soll.
Dem Feuer übergeben.
Da ist zum Beispiel ein Entlassungschein - auf arabisch, noch ein zweiter, der eine ist fast hundert Jahre alt, der andere stammt aus den neunzigern. 
Aus einem algerischen Internierungslager. Seit zwanzig Jahren versuche ich, Leute dafür zu interessieren.

A reculons....


Doch wenn Ausgrenzung eine fundamentale Eigenschaft westlichen europäischen denken ist, warum sollte dann bloss und allein ein RAMBO als Identifikationsmodell darauf die Antwort sein?
Man sagt, man schreibt, es seien nur verwirrte Einzeltäter. Die sich Jahre Zeit nehmen, ihre Tat vorzubereiten.
Und dann strahlen sie im ARD auch noch aus, was unsere Abwehrpsychologin rät.
Lebenshilfe der Achtsamkeit.

Sorry Leute, ich weiss ja, dass man von meiner Kunst der Inszenierung nichts hält, meiner Art, Gedanken zu verfertigen, und nichts hält von den Bruchstücken, aus den ich versuche, der Gesellschaft einen zerbrochenen Spiegel vorzuhalten:

Aber manchmal frage ich mich doch, hört ihr euch eigentlich manchmal selber zu?
Hört Ihr, welche rhetorischen Mittel, welche Redetechniken solche Experten benutzen, um über andere reden?
Man muss doch hören, wann redeformal auswendig gelernt runtergeleiert werden, wann das Geschwafel keinen Bezug mehr zum Leben hat? Nein?
Na, dann….