Mitten am Tag, mitten in der Nacht des Lebens
wärmte mich eine künstliche Sonne wie sonst die Dunkelheit.
Die Sonne künstlich zu nennen, zweifle, zögere ich, mir scheint es so, als ob nicht und nicht das Prädikat der Sonne "Künstlichkeit schlechthin" wäre.
Die Sonne, ums pompös zu sagen, die mich am Strande wärmte, war natürlich nur das Oberlicht in einem Theater, eine schwarze Sonne, eine Somme - so herzerfreuend , dass mir fast schien, ich wäre unter Meinesgleichen, an einem Ort, an dem ich sein dürfte, aber bittere Erfahrung hat mich gelehrt dass
der Verheissung der Volksbühne ist ebenso wenig zu trauen ist wie allen anderen
schwarzen Sonnen.
Ein Theater.
Ein Donjon.
In dessen tiefstem Verliess, als wäre ich in eine Stendhalsche Erzählung hinabgestiegen, mir fast den Fuss brach, als ich hinter die Kerkertür trat.
Der Mann, der mir den verstauchten angeknacksten Knöchel richtete
nel mezzo
in den Januartagen 1995
spricht mir manchmal Mut zu.
Vielleicht verwechsle ich es auch, verwechsle Donjon und crido del torro ich bin nicht so bewandert - in jenem …
Etwas zu verwirklichen incarner …ich suche noch nach dem Wort, etwas zu verkörpern
das Deutsche ist so unsanft
das wort ist fleisch geworden comme un homme blessé
lässt sich seit Jandl auch kaum mehr sagen…
Vielleicht lässt sich die Mühen der Wortfindung verstehen, nachvollziehen
wenn es
um Erzieher Pädagogen oder Lebenlasser
geht, die bringt man so schlecht auf die Bühne. Gerade wenn die Bühne Erziehung sein will
( und dabei schien es mir amüsant, mal zur Abwechslung von meiner Muse zu reden, von meinem Durchhalte-Programm, das mich seit über zwanzig Jahren am Leben hält)
Dabei war ich gestern bloss im Theater, hatte endlich POLLESCH angeguckt - dabei hatte mir schon vor zehn Jahren jemand gesagt: DU - DU arbeitest wie Pollesch!
Ich dachte ich spinn. Nein. (((((Was geht mich Pollesch an …? Ich denke solche Sätze selten lang genug)))
Ich DENKE, ICH versuche dem Spieler den Satz wieder aus dem Mund rauszunehmen, den ich ihm just 5 Minuten vorher in den Mund gelegt hatte.
Man muss das sehen wie mit einem Fisch, man hält Angeln aus, und hat der Fisch auch nur n bisschen reingebissen, von Angebissen brauchen wir nicht reden - angebissen, zwangsweise durch irgendeinn' fiesen Trick, eine Naivität der Neugierde, na DANN dann macht man den Haken wieder raus. Dann bittet man ihn den ganzen Satz alleine zu denken.
Sprechen …aber was soll man einen Sprechttheaterbühne sagen.
und hier haben wir schon das ganze Problem.
Ein Ort ein Kollektiv -
was ist ein Ort ein Kollektiv, das meint, man könne nicht alleine denken.
Nun - ich denke gezwungenermassen allein.
das ist nicht schön, aber nicht schlimm, es ist vielleicht kein richtiges Denken, das Denken kehrt die Richtung um.
Aber die Frage bleibt: kann man sich an künstlichen Lichtern sonnen, an Stimmen aus der Nacht
vor allem wenn sie nicht aus Büchern sprechen
sondern nur aus der Nacht
vielleicht bin ich ja die Marionette
le mot qui m’inspire
Kann man alleine auf Gerechtigkeit warten ?
Kann man ganz alleine Gerechtigkeit inszenieren …
während ich darauf warte, dass ich erfahre, wen ein Mann des Spanischen Bürgerkriegs als Gerechter bezeichnet hätte...
während doch in genau der gleichen Zeit des JETZT jemand anderes darauf wartet, dass vielleicht genau die Gleiche-Person als Kriegsverbrecher angeklagt wird.
Kann ich so tun, als hätte ich einen Auftrag, während das geneigte Publikum der BRD genau weiss,
dass ich diesen Auftrag nur habe, um - the Big ein Miss Lebowski - daran zu zerbrechen.
DENN - wäre der Mann, unm den es hier geht, auch wirklich ein Gerechter unter den Völkern gewesen, er es vorgezogen hätte, ein Kriegsverbrecher genannt zu werden.
In einem ähnlichen Donjon, vor fast ebenso vielen Jahren habe ich einmal Marianne Hoppe versus Valmont gesehen. Martin Wuttke als Valmont.
Zu jung der eine, zu alt die andere -
und meinen naiven Augen schien mir, unfair, es zu leicht gemacht.
Jetzt in der Volksbühne, ohne Marianne Hoppe, scheint mir das Lamentieren zu leicht.
Das Spielerische, das Heitere, das
wie heiss wie hiess das damals das „dezente“ Spiel der hoppe
(wie hätts auch anders sein können, das wär ja unappettittlich gewesen - wenn alte Frauen nicht dezent spielen würden, meine Herrschaften, andersrum hätt es nur ein uralter Michel Piccoli sein dürfen. Aber Piccoli ist KING LEAR - und DAvon könnte man jetzt eine Weile reden, da liessen sich Bücher drüber schreiben.
Aber wie heisst das wenn wir zweien dabeizusehen wie sie...
Dabei gehe ich nicht deswegen ins teehater : erotische sadistische Phantasien im social context ausleben: Nichtliebentodleben in sprachegefasst
(man merkt schon: s interessiert mich nicht, man stirbt nur zweimal):
ich gehe ins Theater, um zu verstehen woher ein Gedanke ist…was das DEIKTISCHE ist.
Auch eins, das mir aus der Dunkelheit der Nacht zukommt mein Vergil
mit einer Besessenheit die mich quält und mir den Zugang zum Menschlichsein nimmt:
Das Deiktische, das Hinweisende der Sprache…
das schrieb Hermann Ritzel und er sagte es zu Husserl.
Tant pis.
Das Dialogische war, glaube ich, in Berlin noch nie wesentlicher Teil des Theatergeschehens…
neeeneeneenee….
das war imma irgendeine Kollektivkacke
von Schaubühnenkollektiv bis hin zur Volksbühne, von Pressekonferenzen und ensembleurabstimmungen bis hin zum zuschauermitbestimmten Rimini-protokoll….
Ich muss es wissen, ichhab zur Zeit eine junge Holländerin im Haus.
Mit ihr, so dachte ich, liesse sich herrlich eine meiner Euthanasie-Hermann-Ritzel-Assoziationen nachspielen,
1914 reloaded sozusagen, ich könnte sie mit Kameras ausstatten, Bildern zu Pringsheim, Burghölzli und zur Art Brut, sie vor Überwachungskameras stellen und ihr eine zweite Identität schaffen …
Nichts. Kaum hab ichs ihr hingehalten, ist sie schon weg. Im Wald, in Amsterdam
Sie rennt immer weg. Rimini Protokoll ist gut, sagt sie Fichte, toll, aber in dem was ich mache, kann sie keinen Gedankenfortführung einer Rimini Protokoll Produktion entdecken.
Was mach ich nun?
Erfinde ich sie neu? Schaffe an ihrer Stelle in KunstIch? Einen doppelten Boden
dem Missverständnis, Kunst sei ein geborgter weitergedachter Gedanke - und nicht bloss das
woran man glaubt.
Lass sie - werden Sie sagen. Niemand soll was tun müssen, woran man nicht glaubt.
Und wenn eine Holländerin lieber gemäss dem Rimini Protokoll glaubt, muss sie nicht mir zusehen müssen, die ich versuche, einen Gedanken auszuprobieren, an den ich nicht glaube.
Io, Vergile, io….
Theater beginnt mit einem Ort,
Denken beginnt mit dreien, Gottesdienst mit zehn Mann
und sprechen so sagte man, beginne damit, dass man an etwas glaube, auch wenn das nur manchmal bedingt, an einen, mit einem, in einem Ort zu glauben -
So wie in der italienischen Geschichte, die mir der Vater meines Kindes mal erzählt hat…witzig, eine Geschichte von einer Gemeinde in Italien, die sich selbst als verlorenen jüdischen Stamm erfunden hatte - aus heiterem Himmel - sozusagen - und sie taten dies so gut, dass selbst der Oberrabbiner von…, den man von richtiger Stelle losgeschickt hatte, um die Vorfälle zu untersuchen, nicht mehr unterscheiden konnte, ob das Sabbatritual gut erfunden oder gut nachgemacht war, es war, werden Sie schlussfolgern: credibile.
Ich sehe noch die Nase meines Erzählers und die sehr niedrig hängenden Augenbrauen unter dem forschenden .tschuldigung, Blick… Witzig fand mein Erzähler seine Geschichte nicht.
Mich fragt niemand, ob ich alleine denken will. ob ich über Dinge nachdenken will, an die ich glaube oder nicht glaube.
(das ist jetzt wieder ein Sprachproblem - aber versuchen Sie mal einen Schauspieler zu bitten sich vorzustellen, er könne etwas anderes tun - als: etwas zu sagen oder nicht zu sagen
(und was glauben Sie, wie froh das Husserl Archiv sein wird, wenn sie alle Texte und Mails verbrennen können, die ich ihnen geschickt habe, so froh und heiter wie die Volksbühne)
dem Deiktischen aus der Dunkelheit
oder dem Mann der keinen Namen mehr hat
der mich manchmal tröstet, wie eine Umarmung aus der Dunkelheit, meistens dann wenn die Absagen wieder besonders dicht und wichtig waren