Mittwoch, 19. März 2014

Kreuzworträtsel Geschichte

Der Geschichtsunterricht der 8.Klasse ist nun nach gerade mal 6 Monaten und dem Abhaken der Glorreichen Revolution in England, der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, der französischen Revolution, NAPOLEON, der Julirevolution, der 1848/49 Revolution in Frankreich und Deutschland, der Gründung des Deutschen Reiches und JETZT: bei Bismarck angelangt…bevor sie zur Russischen Revolution weiterschweifen werden.
Kurz, ein Geschichtsunterricht mit der Prägnanz und der Tiefenschärfe eines Kreuzworträtsel, das noch nicht mal vorgibt, um die Ecke zu denken.
Fast könnte man meinen, nichts sei mehr dazu gemacht, den  Deutsch denkenden Jugendlichen pubertäre Oppositionsspielchen auszutreiben, als sie in der Schule sämtliche Revolutionen alphabetisch RUNTERSCHREIEN zu lassen.

Mein Kind, meist ungeduldig und schlecht gelaunt, weil es die Zusammenhänge so rabiat knapp gefasst, nicht verstanden hat, bittet mich, das irgendwie……..und irgendwie schwebt in der Luft.
Nun tue ich, zwischen Kaffe und Abendbrot nichts lieber als das, und kürzer als Gymnasialoberstudienräte kann ich Hintertreppen der Geschichte gleich zweimal darstellen.
Aber wie ich gerade zögere, den Hugo Ball aus dem Regal zu nehmen, um meinem Kind was über DADA und die Kritik der preussischen Intelligenz zu erzählen, oder über Klepper, und sein Buch über Friedrich den Zweiten, da fällt mir ein, dass Friedrich der Grosse ja garnicht dran war.
Und bei dem Stand der Dinge ja auch nicht mehr dran kommen wird.

Und in dieses Zögern, denn wie soll man über den deutschen Militärstaat was sagen, wenn über Preussens Gloria…
nicht, so bodenlos garnichts hatten wir uns das ja immer gewünscht, fast untern Teppich gekehrt,
da ruft mein Kind laut: "Nein, Mama, bitte nicht."

Denn, so sagt es, wenn es in einem Haus lebt, mit all den Büchern und trotzdem nur eine Vierminus in Geschichte schreibt, während andere Kinder, die nicht in einem Haus mit so vielen Büchern leben und dabei eine Einsbiszwei schreiben, dann, so sagt es, wärs besser, verstehst du, all die Bücher nicht zu lesen.

Versteh' ich, schliesslich hatten wir es neulich beim Wartburg Fest und den Burschenschaftern  mit
Heine versucht, und es war gründlich daneben gegangen - schliesslich liebe ich zu sehr wie Heine über Göttingen spricht und seine Professoren - und dann hatten wir nicht ganz kapiert, wie das mit den HepHep-Unruhen war - aber, sagte mein Kind, was soll man was lernen, was der Lehrer eh nicht wissen will.

Jepp, der Treppenwitz der Abkürzung. Da lag er, hingefallen, umgekommen.

Und so denke ich mir, wie bei einem Kreuzworträtsel, bei dem man eine FALSCHE Lösung hingeschrieben hat, und dann noch den zweiten Ausklang vermurkst, es also immer und absoluter unwahrscheinlich wird, dass wir das Ganze JE zur Zufriedenheit fertigstellen werden -
dass es vielleicht besser wäre, die Sackgassen, die verlorenen Aufträge, die Boten der Herren Müller, Brecht und Kafka auf verlorenem Posten stehen zulassen,
will sagen, das Interesse für Geschichte einfach zu begraben, auszuixen, denn auf die Zwischentöne, die unterdrückten Wege kommt es ja wohl hier in diesem Schulbetrieb so wenig wie in einem Rätselvordruck  an.
In der Hoffnung, dass in dem Augenblick, wenn die Stoppuhr abgelaufen und das Schulklingelzeichen
ertönt, vielleicht das Interesse vielleicht irgendwann mal wieder kommt.







Was ist Humanismus

Was ist denn genau Humanismus, diese Frage stelle ich mir, knurrig und bis auf die Knochen durchgefroren in der Bröllinschen Küche sitzend, nach dem ich gerade diesen Wikingern - mögen sie mir verzeihen - und ihren misstrauischen Blicken, mit denen sie mich schneiden, versucht habe, zu erklären, was ich hier bei ihnen mache.
Neben mir der Mann mit Wehrmachtshelm und Uniform, das Hakenkreuz ist verdreckt und kaum sichtbar, doch trotzdem.

Ich versuche, sage ich, einen deutschen Akademiker,  einen Professor für Philosophie, der ein Soldat war GENAUSOGUT wie jeder andere, aber eher ohne Führungsqualitäten, dafür mit Fähigkeiten zur weltanschaulichen Wehrerziehung -
mit einem Legastheniker zu besetzen -
und wenn ich keinen mit Sprachstörung habe, mit einem Ausländer, der sich mühsam durch die Sprache kämpft.

"Warum tust du das?" werde ich sonst in der Regel gefragt. Es ist schliesslich nicht das erste Mal, dass ich einen ARTFREMDEN mit der Erkundung geistiger Erzeugnisse der deutschen Kultur beauftrage -
aber  dabei nur Kopfschütteln ernte.
Natürlich verstehen wir darunter sofort und ausschliesslich - anders kann ich mir die stereotype Reaktion nicht erklären - deutsche HOCHKULTUR.

Nun habe ich mir für die Rolle eine arabischsprachigen, auf sorgfältigste Pronunciation wertlegenden Syrer ausgesucht, kurdischer Abstammung -
der mit grosser Aufmerksamkeit sich durch sämtliche Gleichklänge, Alliterationen und anderes wagneriansiches Geschreibsel hindurchwühlt, um stolpernd zwar, doch lautmalerisch überzeugend  hochdeutsches Gedankengut wiederzugeben.

Und doch schlägt mir Unwillen entgegen.
"Was soll das?"

Ich kann einen deutschen Professor als zynischen Menschenverführer  oder als leidenden Hamlet darstellen - aber, so ist die landläufige Meinung, ich sollte es mit einem deutschen Schauspieler tun, der die kulturellen Finessen der Sprache, des Gedankenguts, die Schattierungen und das Leichtandershingesagte in seinen landläufigen und nur mitdahingedachten Abstufungen zum herrschenden kulturellen Leben sagen, umsetzen und wiedergeben kann.
Kurz: diese personifizierte Hochkultur an ihr Scheitern zu bringen, ihre Grenzen - KANN ein tragisches, muss aber  ein nationalstaatliches Verfahren sein.

Kann er nicht, sage ich dann - und werde schon wieder wütend.
Genau dieser Trugschluss zeigt mir, dass der deutsche Schauspieler  das nicht wird tun können.
Er wird bestenfalls eine kurz "MAYA" (genannte)-Interpretation (geschichtlicher Opferzyklen) in Jüngerscher Version abliefern, die mich nicht interessiert. Schliesslich habe ich neulich in der letzten donnerstagsausgabe von  Libération eine Besprechung der letzten=neusten französischen Neuausgabe der Kriegstagebücher Jüngers , vorallem der französischen Besatzungszeit, gelesen - die den Autoren ebensosehr gelangweilt hat, wie mich der ganze Rest.

Nein.
Was ist "humanistisch"?
Und was heisst es, wenn wir sagen wollen, wir setzen zu einem "humanistischen" Drama an?
Man müsste erst mal Autodidakten fördern.
Aber hier in Freiburg wird man Ihnen bloss sagen, dass Autodidakten fördern heisst, Dilettanten finanziell zu unterstützen.
Schillers "Kabale und Liebe" mit jungen Türken zu spielen, nicht oder "Tartuffe" mit Barbus, mit Pakistanis, heisst für uns, den jungen Fundamentalisten oder jungen Menschen die Augen zu öffnen, für ihren eigene humanistische BildungsC HANCE -
wir würden es nicht tun, um die Barbarei in Schiller oder den Fundamentalismus in Molière zu finden.

Die Leute von Bröllin hatten mich etwas durcheinandergebracht, als sie vom Zwang zum Meisterwerk sprachen.
Zum Glück muss ich das nicht. Das ist wie mit dem Fluchen - von all denen, die ich kenne und die sich damit beschäftigen, halten  die es eher für eine Art Körperhygiene oder Ganzgesellschaftsmassage als etwas worin man es zur Meisterschaft bringen kann.



Mittwoch, 12. März 2014

Einsatzgruppenleiter und der Maya-Kalender

Noch bin ich k.o. vom Frühling und Paris -
und bevor ich mich auf den Weg mache, um WIEDER den zweiten Weltkrieg in meiner Familie nachzuspielen und die deutsche Schuldfrage NEU zu klären -

der junge Mann der sich letztes Jahr als Regieassistent ortete - ziemlich frech, wie ich fand, weil er die Stirn hatte, zu erklären, er hätte eine höhere Sicht der Dinge, noch bevor er sich überhaupt bereit erklärt hatte, den ganzen Berg an Rechtsphilosophie, Religionsphilosophie, jüdische Berichten von den "Razzien" im Raum Gomel, Pinsk und Mogilew, sowie Einzelheiten zum Ulmer Einsatzgruppenprozess -
um nur weniges zu nennen, in Augenschein zu nehmen, nein, sagte er, das habe er nicht nötig und er würde mir gleich erklären, wie sich die Dinge wirklich abgespielt hätten, er hätte da gewisse MAYA-Ansichten einer höheren Warte, die sich erst noch dem gemeinen deutschen Volk eröffnen würden -
und weil ich in der Regel ziemlich eisig werde, wenn Männer mir erklären, wie sich die Sache nun verhält, wie die DINGE wirklich sind, vorallem dann, wenn sie dann mit einem spöttischen Lachen hinzufügen, dass ich nicht so verkrampft sein sollte - und den deutschen Schuldkomplex, diese "gigantische Prügelkeule", die je einem Volk angetan wurde - wie er sich ausdrückte …von mir tun.

Eigentlich bin ich jetzt noch traurig, dass ich ihm nicht ordentlich eins in die Fresse gehauen habe, nächstes Mal, vielleicht, denn als er endlich gegangen war, stellte ich fest, dass er Literatur hatte mitgehen lassen - mich drum zu fragen, hatte er nicht nötig -
just eines von diesen, die halb privat noch nicht richtig publiziert sind -
das sind Bücher, die am fragilsten sind.

Vielleicht muss man so viele Jahre wie ich an der Grenze, der Marge des gesellschaftlichen DISKURSES gelebt haben, immer bereit sich zu bücken nach einer neuen Idee, einer zusammengeschlagenen Geschichte - und manchmal, überdrüssig den eigenen zusammenhanglosen, ausgefransten Lumpensammlungen meiner Gedankenströme, die sich nicht recht in eine Seite, sondern immer klumpig, ballonhaft über die LINIENHAFTE deutsche oder französische ORTHOGRAPHIE hinausdrängeln oder sich ins Leere verstoppeln, dann bin ich bereit, einem anderen zu helfen, ein ERSTLINGSWERK zu veröffentlichen. Gedanken eines Somnambulen, vielleicht, oder ein Szenario einer IRREN, natürlich immer kostengünstig -
um zu verstehen, dass man solche Bücher nicht klaut.

Homunkuli und Fehlgeburten

K.o also aus dem Pariser Vorfrühling zurückgekehrt, k.o aus Trouville(und OHNE das Festival des asiatischen Films in Deauville gesehen zu haben) -
versuche ich also, wieder und aufs neue, mit der deutschen Back Feminist Fraktion in Kontakt zu treten.

Die verweigern jegliches Gespräch, warum sollten sie auch mit mir reden wollen, schliesslich, sagt Anna Ngo Mang, bin ich ja auch nicht schwarz.
Ein Argument, das meiner Meinung nach ziemlich dumm ist, denn man muss ja nicht deutsch sein, um über den Faschismus zu reden, noch europäisch, um über den Kolonialismus zu reden - es sei denn, so meine Unterstellung, man oder faru wünscht die Debatte garnicht.
Dumm - Fehltritt, verbaler, denn "dumm" sagen zu wollen, heisst  ein  provokante Ansicht zu vertreten, denn ich weiss genau, dass für den radikalen Flügels  der Black Feminist Bewegung, absolute Separation und Gesprächsverweigerung das vorrangige Mittel ist, um Frauen zu ermöglichen, frei und selbstbestimmt, angemessen über Identität und Trauma zu reden.

Also versuche ich, Afrikanische Reporterinnen, Schauspielerinnen für mein Projekt einzuspannen, doch diejenigen, die ich finde, haben selbst keine Lust, mit Feministinnen zu reden, seien sie nun schwarz oder weiss, weil ja Lesben darunter sein könnten -
und so manches anderes, für das wir Weisse das Wort "teuflisch" kreiert haben.
Nun haben wir die Büchnerpreisrede gehört, dieses Jahr
und vielleicht darf ich froh sagen, dass ich sicherlich nie in die Verlegenheit kommen werde, auch  eine Rede zu halten…
denn BRÜCKENSCHLAGEN, Dialoge öffnen schien mir das WESENTLICHE Merkmal der Literatur. Auch dann wenn sie hermetisch sein will. Nicht, dass hatte doch mal ein anderer Büchnerpreisträger gesagt...
Und dass es ja nur meine Aufgabe ist, dachte ich Brücken zu schlagen, Türen auf zu machen
un uterus..pour un enfant…. eine Gebärmutter für ein Kind…
auch für neue, streng dogmatische Ansätze, Weiblichkeit zu denken.

"Macht nichts", sagt die Afrikanerin, deren Name ein Anagramm ist, "macht nichts, Dieu va créer ton temoignage…." und fügt im nächsten Satz hinzu, dass das was mich da bewegt, sicherlich nicht "göttlich" zu nennen sei.

Zwar fand ich die Black Feminist schon allein deshalb interessant, weil sie dem permanenten UNIVERSALIMUS-Anspruch der feministischen Theorie mal eins auf die Klappe gegeben hatten.
Und eigentlich hatte ich da, in dem Augenblick gerade gedacht, dass ich gerne eine Philosophin befragen würde, warum Feministinnen -   eine Art kritisches  APRIORI wie im Falle des Kantischen Kategorischen Imperativs :  ein  theoretisches Vorkonstrukt für ALLES haben müssen..
aber, wie immer, war der Gedanke nicht klar gedacht gewesen, hingeschwammelt, drunterhingeredet, und die Dame mir gegenüber wollte stattdessen  wissen, warum Feminismus und Lesben so zwanghaft zusammengedacht werden müssen…..

Kneif die Beine zusammen, hatte mir mal ein Freund geraten, als mir eins meiner Nichtkinder davon- laufen wollte, HOMUNKULI und  Fehlgeburten sind nicht als etwas anzusehen, was hierzulande als Literarische Unternehmung gilt…

Schwarz und weiss zusammenzusinken… nein, so nicht -
war mir im Augenreiben aufgefallen, dass die Dame von der lächerlichen Imagination du petit blanc sprach… von der dummen Kunst der weissen …ihre dämlichen Art, den Mond als Mond zu bezeichnen, und doch immer was anderes drunter zu verstehen.
Eine längere Weile habe ich dann darüber nachgegrübelt. aber mir ist immer noch keine adäquate Übersetzung für den "petit blanc" eingefallen.
Meinekeineseele wills sicherlich nicht wissen.

Nun ist es in einer Gesellschaft, in der das N* Wort nicht mehr verwendet werden darf, aber die KANAKsprache - wie lange noch - als das preisgekrönte KOTZWERK die Inszenierung ihres Widerspruchs ist - sicherlich nicht verwunderlich, dass manchmal der Eindruck entsteht, dass in dieser Gesellschaft die Rechte Hand nicht weiss was die Linke tut…
Albernes Wort, vielleicht so albern wie das französische. "on n'est pas encore sorti de l'auberge" und bleibt so auch nur  ein kleines Problem der Gesellschaft für deutsche Sprache und Dichtung.

Und da mir mir eh niemand reden will, kann ich mich ja wieder dem Fluchen, dem Verfluchen widmen.