Jacob Taubes Aufsatz „….und der moderne Historismus“ versuche ich zu lesen, weil ich was suche, einen Punkt, der jenseits des Unberechenbaren liegt, von dem Heidegger in seinen Schwarzen Heften, das Nicht ….Mathematisierbare, und ich frage mich im Suchen, ob es nicht vielmehr mit Poincaré zu tun hat, nicht dem Poincaré der Drei-Körper sondern einem anderen
und ich frage mich, ob das, was ich suche, mir als Stein in der Hand gegen Trawny dienen könnt oder di Cesare, deren Antisemitismus-analysen mich schnell wütend machen -
aber es ist so eine Wut, die einen ruckartig die Augen weit aufreißen lässt bevor sie dann wieder zufallen.
Ich bin furchtbar müde, in einem fort sinken mir die Augen zu, mag an dem drohenden Gewitter liegen, man könnte es auch an dem Taubes-Artikel sehen, an dem die Hälfte fehlt:
„Nachman Krochmal“ … andauernd fehlt etwas und meistens sind es jüdische Namen, mit denen ( oder ihrem Fehlen) versucht wird, einen Antisemitismus zu konstruieren.
Es genügt ja schon, wenn Heidegger selbst anfängt, Listen zu machen, was da an Aufzählen und Nachrechnen alles zustande kommt, ist merkwürdig , dass es Heidegger selber nicht aufgefallen ist.
Vor einigen Jahren war ich schon mal so müd, da hatte mich jemand liebenswürdigerweise zu einer afrikanischen Beerdigung mitgenommen und da ich die Dame nicht kannte, stand es mir frei, ihrem Andenken liebenswürdige Züge oder weniger freundliche zu schenken und Tränen darüber zu vergiessen- leider dauerten die Nachtwachen über eine Woche, irgendwann, ab dem dritten Tag, schlief ich selbst dann ein, wenn sie neben meiner Kammer ein Schwein schlachteten – oder andere Leute in meinem Bett zwischenlagerten.
Ich hab damals, weils so mühsam war, die Augen offen zu halten, oder einfach weil ich zu schielen anfang', wenn ich zu müd bin, eine kleine Billigkamera laufenlassen, aber die filmte auch bloss schlafende Nonnen heerbüschelweise.
Das wurde mir später von meiner afrikanischen Gastgeberin schwer übel genommen – aber mir gefällt das Bild, blassblaue Nonnen in dunkelster Unschuld verschwommen.
Vielleicht liegt es auch an den Liedern, die sie dort singen – manchmal träume ich auch hier in Europa von Musik, aber dass ist meistens sehr gewalttätig, die Musik bricht in meinem Kopf auf – Harfenklänge werden zu einer Art Stalinorgeln dann, Feuerbälle, die mir im Traum Nerven zerfetzen und Capillare zerreissen.
Natürlich kann ich nicht mit Musik Heidegger beikommen, noch mit Musiktheorien,
wollte ich auch Tharsyboulos Georgiades, den Siegfried Fath im Sommer 1944 aus Athen nach Deutschland brachte, mitverbauen
und wenn es weiterhin so schwierig ist, das Buch hochzuhalten, Buch und Sprache bei einanderzuhalten, werde ich mir einen Kaffee machen müssen, auch wenn ich weiss, dass ich dann die ganze Nacht stehen muss und lesen, der „antinomistische Charakter“ von messianischen Figuren oder historischen Schilderungen, Gesetze lesen
(Gesetze lesen, die nicht die meinen sind…was gibt es denn für Gesetze, die „meine“ sind)
und bevor ich noch genauer suche, zu verstehen, ob Wolfgang Ritzel die Hegelvorlesung Heideggers im Wintersemester 1934/35 kannte, noch bevor ich sagen kann, ob und wie ich einen Rechtsstreit mit einem Stadtarchiv anfangen will, dass mich die Briefe meines alten Herrn nicht einsehen lässt,
frage ich mich, ob es angeht, hier Gustav Radbruch unterzubringen oder Erik Wolf.
Martin Heidegger und Erik Wolf – das lässt sich leicht aufstellen, da ist die Unterstellung des rechten Juristen und des nationalsozialistischen Professoren schon gegeben und angedeutet, noch bevor sie bewiesen ist -
aber Erik Wolf und Gustav Radbruch – was will ein solches Freundespaar auch besagen…
ich seh schon, ich wird morgen früh in aller Herrgottsfrühe in meinem Garten stehen und das Wasser aus den Blüten schütteln, ich hoff nur, ich krieg bis dahin wenigstens einen Gedanken grad hin….