Donnerstag, 1. August 2013

Ein vereistes Winterfeld und davor der einsame Soldat.
Wattiert in Grau, der unscharf schmutzige Schnee verrät nur an manchen Stellen das "Unschöne".
Bei genauerem Hinsehen - soweit der Bildnebel das Fokussieren überhaupt erlaubt, entdeckt mder Betrachter weitere Soldaten, eine ganze Kompanien, ein steckengebliebenes Bataillon, Regimenter und Divisionen...
doch die greifen in das Schicksal dieses einsamen Soldaten nicht ein, der merkwürdiger isoliert in der weissrussischen Bildmitte damit beschäftigt ist, einen jungen Kant im Stile Rousseaus zu skizzieren.

Soweit meine Themenvorgabe.

Meine Grossmutter, Fan von Weltuntergangszenarien à la Arno Schmitt oder KASACK, Die Stadt hinter dem Strom - oder so ähnlich, wäre skeptisch aber zufrieden gewesen.

Überhaupt - ein Lebender in einer Welt der Toten  - das ist ein faszinierendes Bild -
und wenn darin auch die perfide klagende Stimme meiner Grossmutter sich durch dieses Bild zieht, mit einer Allusion an Borges, und vielleicht noch die Militärdiktatur in Argentinien -
so habe ich sehr lange gebraucht, dass dieses Bild ein sehr mächtiges, vergewaltigendes Bild ist, aus dme man sich nicht entziehen darf.

WIR die Kriegskindergeneration, sagte neulich eine Schauspielerin zu mir, dabei selbst Ende der sechziger Jahre geboren - wir Kriegskinder.
Achja.
(Und was sollen dann meine Schauspielschüler sagen, die noch nicht mal wissen, was beim Mauerfall so alles abging.)

Und da fiel mir auf, dass ich selbst sehr lange auf diesen Friedhöfen herumgezogen bin, die keine französischen Stadtlandschaften sind. Und dass ich auch meine Tochter dahineingesetzt habe, die schon geraumer zeit den Berliner kellern, den Luftschutzkellern entwachsen ist.

Also habe ich beschlossen, die Briefe aus dem Jenseits, die ich dechiffrieren soll, nicht als Briefe aus dem Totenreich zu behandeln.
Die Briefe eines Soldaten, der nicht befördert werden soll...


Doppelsinn.

Das Jenseits hat ja auch einen doppelten Sinn.
Und diese Briefe, die lass ich jetzt lügen - und stell ein Lügengeflecht drum herum, mögen sich die Bretter der Realität biegen.