Sonntag, 29. September 2013

Intrepreatationsfreiheit mit und ohne Unterstellungen

Mit einem gut sitzenden, pinkfarbenen Kopftuch hockt sie da und sieht  sich die Interviews an, die ich mit Feministinnen, europäischen, afrikanischen Frauen führe,
nachdenklich sitzt sie da,
pink und türkis sind die Farben, mit denen sie sich fest eingehüllt hat, gefällt mir, und ich schaue mir ihre Wimpern an, die sie fest und konzentriert auf den Bildschirm gerichtet hat, gefällt mir ausnehmend gut, ihr dagegen der Ton weniger, das ganze akademische BLABLABLA, mit dem sich der Feminismus, dieser, vor ihr ablaufende in den ELFENBEINTURM hineingeplappert - hineingezankt hat, und das sagt sie auch, als sie sich entschlossen zu mir umdreht,
das verstehe sie nicht, das wäre so abgehoben,

und sie machte eine Pause, da müsse sie erst mal drüber nachdenken.
Es würde ihr Gefallen, sagt sie dann, mal von der KOPFTUCH-Debatte wegzukommen -

PRIMA, denke ich schon, und :ENDLICH -

aber dann setzt sie nochmal, nachdenklich und entschlossen hinzu, aber sie würde es nicht verstehen...

Da fiel mir das Paar ein, das mich letztes Jahr besuchte und wir von Sufis sprachen, und ich von Haffs und Göthe, worauf der weibliche Teil des Paares sagte: den kenne sie nicht und deshalb wolle sie nicht drüber reden, und der männliche Teil des Paares sagte: das sei ein Ketzer gewesen und deswegen könne er nicht drüber reden,
und ich dachte noch, das man über viele Dinge, die man nicht versteht, TROTZDEM reden sollte -
auch wenn ich grossen Respekt habe, vor diesem Mut zur Pause.
Nicht zu reden, in diesen Zeiten ständiger Kommunikation, scheint mir mutig und doch
würde ich gerne mit der jungen Frau, meiner Besucherin, über die Möglichkeiten mithilfe der ...  Interpretation reden, der Taqlîd und dem néo-Ijtihâd -
doch alles was ich an mir zugänglichen Lehrbüchern habe (und es ist schon eine Weile her, dass ich mit jemandem aus Algerien...egal), liegt mir auf Französisch vor und darauf wird sie nicht eingehen wollen...
Sie wird sagen, dass sie nicht versteht, warum ich hier Dinge vermenge, die nicht vermengt sein wollen, und warum ich unbedingt feministische Thesen und den Islam zusammenbringen will, und dass ich als Europäerin nicht das Recht habe, bösartige Unterstellungen über islamische Auslegungen medial auszubreiten....
Aber bevor sie das alles sagen wird, wird sie darauf bestehen, dass sie nicht versteht, was ich von ihr will..

Und überhaupt: Bösartige Unterstellungen über Gedanken und Philosophien anderer Kulturen, davon kenne ich eine Menge und würde mich und andere gerne davor bewahren -
 doch scheint mir seit Kleistschen Zeiten nicht mehr soviel Konjunktivischer Irrealis auf einen Quadratzentimeter Tinte verschwendet worden zu sein, was das ganze Unternehmen schon wieder obsolet, sinnlos, unnütz macht....
wären da nicht Frauenfragen, die unendlich viel  ÜBERSETZUNG erfordern,
so viel ÜBERSETZUNGSKUNST....

werde ich also viel lesen müssen, in nächster Zeit.
Fragt sich nur, ob ich es dann verwenden kann, was ich mir angelesen habe, oder ob ich es wieder SCHWÄRZEN muss.