Dienstag, 8. Oktober 2013

Etty Hillesum

"Das denkende Herz" liegt weit aufgeschlagen neben mir und eigentlich will ich schon lange eine LESUNG auf niederländisch mit den Tagebuchaufzeichnungen der ETTY HILLESUM veranstalten, und weil ich es mir partout auf Netherlands dachte, wäre es wohl eine Performance geworden.

Niederländisch deshalb, weil ich die Bekanntschaft mit Etty Hillesum einem jungen Israeli verdanke,
der vor einigen Jahren beschlossen hatte, Niederländisch zu studieren, und, wie ich bei einem verzweifelten Telephonanruf erfuhr, eben deswegen, damit er Hetty Hillesum besser studieren könne, die ihm sehr am Herzen lag und ihn überhaupt mit Beschlag belegte....
das Problem an der Geschichte war nur, dass er noch nicht, nochmal: NOCH NICHT genug Niederländisch konnte (er war ja eben erst im Begriff, es zu lernen), um den Text GENAU zu verstehen, und da er dachte, das Deutsche sei so eine Abart des Niederländischen, war er auf die in sich schlüssige Idee verfallen, ich könne
a) Etty Hillsum für ihn lesen
und b) ihm den Text ins Französische übersetzen.
Natürlich habe ich mich sofort auf meine Couch geschmissen, die sicherlich kein breiter DIWAN wie der bei Hillsums war, und mich an die Arbeit gemacht.
Schliesslich hatte der junge Mann bei mir einen Stein im Brett, er war damals knapp mit der Schule fertig gewesen (wie das zuhause mit dem Militärdienst gewesen war, hatt ich zu fragen vergessen), und war vor der berühmten Existenz unter Brücken und an breiten Boulevardrondellen im Bois vom einem freundlichen älteren Mann gerettet worden, mit dem er nun Bett, Bad, Küche und Pariser Salon teilte sowie die Erziehungsprobleme - der freundliche Herr hatte einen Sohn im schwierigen Alter - und es ist einfach schwer, mit knapp18 Jahren ein anständiger Ziehvater zu sein - "Ach", dachte ich und versuchte es auf Netherlands.

Aber, ach, das mit Etty ist nicht so einfach. Es gibt da so manche Stellen, die schmerzen bis in die Fingerspitzen - deshalb erfüllt das Niederländische als Sprache für mich eine Art Schutzfunktion, es ist eine Art Schleier der Realität, der Dinge klarer und schlechter zu werden lässt (zumindest für mich, die deutsche Leserin). Und ich finde auch, dass wir dem Verständlichkeitsprimat in der Kunst ein bisschen zu viel geopfert haben, diese Sucht, alles, was wir sagen wollen, in kleine zahlbare zählbare Münzen zu verwandeln, verdirbt mir so manches Argument...

Kurz, es fehlte mir an Kraft und Polemik, den Fight durchzufechten. Und ich hab das Buch wieder sinken lassen. Natürlich hat es dem jungen Mann nicht geschadet, er ist, soviel ich weiss, Instituteur im Louis-le-Grand geworden und hat sein Studium "cum laude" abgeschlossen.

Dennoch.