Donnerstag, 27. Februar 2014

Mißbrauch - oder über den gepflegten Umgang mit dem ANDEREN

Eine weisse Feministin - und nach einem Diktum, das ich hier nur verkürzt wiedergebe, sind alle Frauen weiss, aber nur wenige sehr mutig - also eine weisse und deutsche Feministin, die von meiner Arbeit mit männlichen Homosexuellen erfuhr,-
es tut mir leid, dass meine Worte so pointiert dämlich daherkommen, doch genau dies zu zeigen, ist meine Absicht -
fing nach einigem unruhigen Hinundherrutschen an, mich nach meiner Meinung zu fragen - und fast schien es mir, sie wolle meinen Rat.
Es war ihr wichtig zu wissen, dass und ob sie ihre Kinder einem Freund ihres Mannes anvertrauen könne, der - und hier wurde die Sache zweifach unklar - homosexuell war oder irgendwelche einschlägigen Erfahrungen mit Kindern hatte.
Kurz, es ging darum, dem pädophil-philosophischen Anstrich männlicher Homosexualität auf den Grund zu gehen.
Von weiblicher sprachen wir nicht.

Ich konnte ihr vermutlich nicht weiterhelfen, denn schliesslich war es das erste Mal, dass jemand meine Beschäftigung mit den vielfältigen Formen menschlicher Existenz als eine Art Sachverständigentätigenkeit ansah, als ein Versuch, über persönliche Interessen, Veranlagung und kulturelle Überzeugungen hinaus, sich mit anderen Vorstellungen als den eigenen zu beschäftigen.
Die meisten halten es für krankhaftes sexuelles Interesse.
Diese junge Frau hingegen wechselte bald das Thema - schliesslich ging es uns um das Verhältnis zwischen Feministinnen aller Couleur - und just in diesem Zusammenhang und dem der kulturellen Differenz dient die Homosexualität und ihre Akzeptanz oder Nichtakzeptanz gerne als Totschlagargument, um die jeweils andere Seite zu diskriminieren.

Nun will ich darauf hier nicht eingehen, denn ich will einen unbedeutenden Film darüber machen - und im Film sollte man nicht zuviel reden.

Was mir aber zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass ich merke, die Beschäftigung mit anderen Themen als den herrschenden, hängt mir sofort als diskriminierendes Element an.
Diese Schwierigkeit ist die des Widerspruchs - und wie man den Widerspruch in der eigenen Person aushalten kann.
Es scheint mir nun, dass in unserer Gesellschaft die Bereitschaft zu komplexen Gedankengängen zugunsten einer allgemeinen Angst der  Kontaminierung, den Ängsten einer Ansteckungsgefahr weicht.
Ich habe GENAUSO zu sein wie der, mit dem ich rede -
sorry, dieser Satz stimmt nicht. Das Gefühl fürs Übersetzen, Hineinversetzen, kontrovers Debattieren fehlt.
Ich versuchs nochmal andersrum und beschränke mich nur auf die Frauen (und die Sachen mit dem Islam, dem Papst und dem Christentum oder der jüdischen Zwangschristianisierung,  wie sie hierzulande immer noch gerne stattfindet - die lassen wir der Einfachheit halber mal weg).
Für die weisse Feministin bin ich durch meine Beschäftigung mit christlich-fundamentalistischen Afrikanern rückschrittlich und reaktionär,
für die nicht-weissen Feministinnen bin ich rassistisch und reaktionär, weil ich mit weissen Rassisten rede - für die fundamentalistischen Afrikaner bin ich ein delikates Problem, denn ich zahle nicht genug für meine perversen und absurden Kunstspielchen....und was noch schlimmer ist: ich habe keinen Erfolg damit - Erfolglosigkeit vergibt die afrikanische Community noch weniger als die deutsche - einfach weil der Leistungs- und Anpassungsdruck so hoch ist - sagen meine nordafrikanischen Informanten.
Dennoch habe ich jahrelang in der Angst gelebt, meine Arbeit mit Transvestiten könnte das Jugendamt auf den Plan rufen - und die Tatsache, dass ich afrikanische, schwarze - wie sie sich selber nennen- Babysittern dafür eingestellt habe, während dieser Zeit auf mein Kind aufzupassen - hilft mir überhaupt nicht, denn aller Wahrscheinlichkeit nach hatten sie keine Papiere...oder nicht die richtigen.

Ich sehe schon, wie jetzt alle die Hände über dem Kopf zusammenschlagen:
Wie kann sie nur...
das arme schwarz-afrikanische Mädchen, das da als Babysitterin arbeiten muss, die kommt ja in Teufelsküche ....
die arme Transe, wenn die von dem christlichen Fundamentalismus angegriffen wird...
das arme Kind, das kriegt ja den Kulturschock schlechthin...
und wenn die alle zusammen hochgenommen werden, was erzählen sie sich dann im Polizeiwagen...
es ist albern.

Währenddessen sitzt Olivia Jones in der Talkshowrunde bei Maischberger und langweilt sich -
mein Kind sitzt vor der Glotze und sieht sich "Voice of Germany for Kids" an - oder den Bachelor oder die Supertopmodels - und niemand findet daran irgendetwas auszusetzen.
In einer dieser Talkshows nun fand ich eine schon ältere Frau, die meinte, dass die Polygamie, die wir so gerne den Afrikanern vorwerfen, in unseren Breitengraden die Mätressenlandschaft sei.
Ich persönlich bin zwar der Ansicht, dass die deutsche Polygamie im Bachelor seinen präzisesten Ausdruck gefunden hat - und dass in Frankreich Mr.Hollande einen anderen Ausdruck dafür findet.

Überhaupt reden alle in diesen unendlich vielen Talkshows unendlich freundlich miteinander -
die Kinder in der casting-Show singen Lieder, von denen sie keine Ahnung haben oder die so sinnentleert sind, dass sie keine Jugendgefährdung darstellen -
und dennoch scheint es, als könnten wir uns nicht dabei zuschauen, Parallelen ziehen, in diesem kulturellen Wandel, der keiner sein soll.
Mir macht es nichts aus, als Rassistin beschimpft zu werden, als Perverse - als boche, die über den Kolonialismus oder den Faschismus redet -
solange die Leute mit mir reden.
Aber genau das ist ja das Problem. Wann ist der Punkt erreicht, an dem die geschwätzige Toleranz
in aggressive Ablehnung umschlägt?
Wann ist der Punkt erreicht, an dem die Werte, für die wir Toleranz von anderen fordern, repressiv und zur Bekämpfung anderer Ideen eingesetzt werden?