Dienstag, 4. Februar 2014

Über das N***-Wort - oder über forcierten Nationalismus der anderen Seite

Auf der Suche nach Black Feministinnen oder andren Möglichkeiten, mit Frauen zu sprechen, die afrikanischen Fäden in ihrem Hintergrund, afrikanische Tradition im Blickwinkel oder afrikanischen neo-liberale Rechte vertreten -
schliesslich ist es nicht  einfach,  Interviewpartnerinnen zu finden, während ich vor so vielen geschlossenen Türen warten muss,
bevor man - und hier ist die Frau nicht "frau" sondern durchaus nur "man" - eins in die Fresse kriegt,
und dabei alle Stolpersteine zu vermeiden - und da ich bemüht bin, die zu erkennen, bevor ich drüberfalle, passierte es mir in letzter Zeit, dass ich öfters über die N****-Wort -Debatte stolpere..

"Stolpern" heisst ja, dass verschiedene Dinge, Objekte und Personen in Raumverhältnissen und Bewegungsabläufe nicht deckungsgleich auf einander zuliegen kommen, sondern irgendwie uneben, bruch-und sprunghaft sich zueinander verhalten - dass eins davon womöglich zu Schaden kommt, das ist wie mit dem Wort "queer", das seit neuestem als semantisch-verbal-dissoziative Dynamik-Schleuder zu verstehen ist, und dabei paradoxerweise das, was es dynamisieren soll, angeblich, zementiert.

Ich sagte ja schon, dass der Geschichte mit dem Transvestiten in den USA letztes Jahr, der sich und anderen "Frauen"  - Beton unter die Haut gespritzt hat, eine weitere Bedeutung, eine andere Wichtigkeit zukommt.
Aber mir war schon klar, als ichs gesagt hab, dass die Leute das nicht verstehen werden.
Passt nicht so in den herrschenden Diskurs, oder den neuen, der sich an dessen Stelle etablieren will.
Auf dem Highway zur Macht, auf dem es ums Überholen geht, und nicht um den Asphalt.

(Eine Lupe braucht man, um zu verstehen, dass es Bilder geht, die NICHT im Text stehen, aber dem Gesagten eine so eindeutige Wendung geben, dass wir schwören könnte, es stünde da.)

Nun habe ich mit der N***-Wort-Debatte kein Problem, auch wenn ich finde, dass wir es korrekterweise eine Zensur-Debatte nennen sollten,  Zensur rassistischer Beleidigungen - oder infamer Worte - und vielleicht ist ZENSUR keine so negative geistige Tätigkeit, wie so einem unkritischen nachtkantianischen Zeitgeist vorkommen mag - so wie für afrikanische christliche Fundamentalisten Jesus ein grosser Ikonoklast war, ein Bilderzerstörer ist - und Bilderzerstörungen, nicht,gehören zu geistigen, zu intellektuellen Entwicklungen dazu, finde ich, so sollte man alle, und nicht nur die afrikanischen Sammlungen aus den Museen herausholen - und überhaupt.

Was aber mir merkwürdig erscheint an dieser Debatte über die nun zu treffenden Sprachregelungen für ALLE unseren Mitbürger, ist der sehr schnell anzutreffende Ärger über die Frage "Wo kommst du her?", die im Gespräch als Fortsetzung der diskriminierenden, rassistischen Beleidigungen angesehen wird.
Um ganz ehrlich zu sein, bin ich zu der Ansicht gelangt, dass dahinter eine sehr einfache Idee von Assimilierung steht, die von anderen verlangt, sich mit der kolonialen Vergangenheit Deutschlands auseinanderzusetzen, aber gleichzeitig überhaupt nicht erlaubt, sich damit zu beschäftigen.

Für mich unterliegt der Wunsch von Menschen, NICHT nach ihrem kulturellen Hintergrund, NICHT nach ihrem Umfeld oder ihrer Andersheit befragt zu werden, dem Zwang zur Wiederherstellung  genau des gleichen DOUBLE BIND der schizophrenen Stagnation, von dem sie sich diskriminiert fühlen.

Ich denke, es wäre wichtig, bei dieser paradoxalen Situation ein bissen zu verweilen.

Das ist wie bei einer Adoption. Wollte man einem Kind, das sich anders sieht als seine Adoptiveltern und- Geschwister, dass sieht, dass es auch von anderen anders wahrgenommen wird, verbieten, sich mit der Rekonstruktion der Familiengeschichte zu beschäftigen, "Weil es ja genauso ist, wie alle anderen in der Familie" - dann fürchte ich, lässt man den Kind nicht viel Platz für eine persönliche Entwicklung - für den Beton, der da noch unter die Haut muss.

Nein, ich frage oft und viel "Woher kommst Du?" - und werde mindestens ebenso oft danach gefragt und ich habe auch öfters Afrikaner, Pakistaner und sogar Israelis beobachtet, wie sie sich gegenseitig so befragen...und es scheint ja auch Sinn zu machen, denn jemand, der Im Norden Kameruns gross geworden ist, hat andere Dinge erfahren, als ein Etong oder gar eine aus Katanga.
Ich kann natürlich verstehen, dass es einem BERLINER unangenehm ist, das gefragt zu werden, denn es kann in verschiedener Hinsicht unangenehme Geständnisse erfordern. Und wer sagt schon gerne: Hohenschönhausen. Oder: Reutlingen oder gar: Szechin.

Am meisten ärgert mich aber die sofort darauf erfolgende laut-und lustvolle  Inszenierung als Rassisten - die Denunzierung der Peinlichkeit des anderen, nachdem der so Befragte triumphierend alles Gespräch und alles Interesse abgewürgt hat, um selbst den Neuen Schweizer oder den neuen alten Deutschen Staatsbürger umso genussvoller zu verkörpern.

Vielleicht ärgert es mich deshalb, weil ich mein sehr widerwilles Interesse an einem Nationalismus nun auf den Nationalisten übertragen muss.

Zwar ist das letzte Mal, als ich auf diese Weise vorgeführt und denunziert wurde, nun eine Weile her -  eine Schweizer Gender Mainstream Migrationsberaterin konnte sich kaum beruhigen über meine dickköpfige Perfidie.
Und ich kann auch gut verstehen - und zwar aus eigenen leidvollen Erfahrungen mit dem Erwerb einer anderen Nationalstaatlichkeit, als derjenigen, die man angeblich in seinem Pass herumträgt -
dass sich frau sehr freut, wenn sie  Schweizer Bürgerin geworden ist - und dass sich jemand, der Jahre und Jahrzehnte lang Diskriminierungen ausgesetzt sah, sich angemessen behandelt sehen möchte.

Und trotzdem ändert das nichts daran, dass ich diesen Nationalbegriff nicht dulden mag.

Postscriptum. Aber würde es etwas nützen, wenn die die Nationalität meiner Vorfahren aufzählen würde? Wohl kaum.