Die Kaserne Basel zeigt im Moment die
Produktion von Milo Rau /IIPM
„La Reprise“ // Die Wiederholung. Histoire(s) du théâtre (I)
die in Coproduktion mit Théâtre Vidy Lausanne,
der Schaubühne, Théâtre Nanterre
Münchener Kammerspiele, Künstlerhaus Mousonturm - um nur einige wenige
zu nennen -
entstanden ist. Das Stück basiert auf
einem realen „fait divers“, dem Mord an Ihlane
der im jahr 2012 wegen seiner
Homosexualität ..so der Tenor der Berichterstattung und des Stücks
von einer Gruppe arbeitslsoer
Liegois...Lütticher halb totgeschlagen, ausgezogen und in einer
Aprilnacht nackt auf einem Stück Feld abgelegt hinausgetreten wurde.
Die Inszenierung selbst stützt sich
auf die Doppelung von Theaterspiel (vorne) und medialer Doppelung via
Ton (Off ) und Videoübertragung ( hinten oben)
Die Prinzipien des Stückes
und nun ist das die Frage, die mich
beschäftigt - sind - die Prinzipien eines Stückes
welches sich als Gespräch mit einem
Geist versteht, als Totengespräch
Hamlets Geist entering the scene
die der Inszenierung, die sich in
ihrer Film- und Bildtechnik an BILL VIOLA orientiert
seiner sakralen christlichen Videokunst , die man zum Beispiel letztes Jahr in Hamburg Deichtorhallen, sonst in praktisch JEDEM zeitgenössischen
Kunstmuseum bewundern kann. Hier aus London:
Die Inszenierung des CHRISTLICHEN, des
Sakralen
in Verbindung mit dem Totschlag eines
aus dem Immigartion stammenden arabisch sprechenden Schwulen
könnte Fragen aufwerfen. Es könnte
aber auch an Pier Paolo Pasolini erinnern, Accatone und pasolini
himself.
Es erinnert mich
und gerade diese Geste, meine Geste
des MICH ERinnerns
wie an etwas längst Vergessens
Verdrängtes Zerstörtes
ist (k) ein GRUNDMOTIV des Theaters.
Theater soll etwas nach der
Artistoteles zugeschriebenen Katharsis Theorie
nach lessing nach mendelssohn oder
Nicolei
des bürgerlichen Theaters Emotionen
erwecken
und Emotionen haben mit dem SUBjektiven
des Betrachters zu tun
meine Erinnerung ist kein Gefühl -
erinnerte mich an ein Probengespräch,
das im Jahr 2002 oder 2003 mit einem inzwischen Gesichtlosen Typen sich zu einem probenskandal auswuchs...Der Mann, der sich als Schauspieler angeboten ahtte, konnte sich zu keiner Mitarbeit entschliessen, udn das zwiscehn Tür udn Angel hängende Vorstellungsgespräch war eines , das die anderen stundenweise eintreffenden Schauspieler in ihrem Arbeitselan penetrant zu stören suchte, da er 4 Stunden lang
herum schrie, dass man Didascalien = Handlungsweisungen nicht auf
der Bühne sagen darf, dass TEXTE schlecht geschrieben waren, das
ER DAS DOCH mal sehen wolle, wie man sowas sagen kann, ABER NEIN, und
nach weiteren Stunden sagte, dass UND VORALLEM dass Homosexualität
NUR auf der Höhe der
Die Frères Dardenne
zu machen sei.
ein running gag der Inszenierung im
Jahr 2018 verweist also immer noch, 16 Jahre später, auf die ebenso
unterschwelligen wie expliziten biblischen Motive der Brüder
Dardenne,
le PERE le Fils et al.
Vielleicht sollte man dazu sagen, dass
es gewisse Nationalheiligtümer der Kunst gibt, - die das Wesen einer Kunst, die sich mit
Sakralen Motiven beschäftigt, beinhalten. Sic.
Man muss manche "Dinge" blöd sagen dürfen. Sie sind auch blöd.
Entweder indem sie es
aussprechen oder nicht aussprechen.
Cela dépend.
Das hängt davon ab, ob man ob man eine
falschen Götzen stürzen will oder saksosankt institutionalisieren.
Meine Melancholie beim Betrachten des Erinnerungsgesprächs knüpfte sich an die Ästhetik des Todes, sorry, falsch gesagt, ich
war noch gänzlich versunken,
die Darstellung des Mordes
opulent inszeniert
und die Banalität des Bösen, der hier
einstudiert - als Casting und einstudiert - als „wir üben
bühnentechnisches PRÜGELN“-
Als Spieler, auch hier Schauspieler und
Menschenmaterial zugleich ist, die textile Masse, aus der, ganz
human, ganz zivil, politisch korrekt die Figur geformt wird, einer
der heute behindert genannt werden muss.
Als wäre menschsein nicht
schiefgenug... einer, der sein Anderssein per Interview im ersten Akt
dokumentarisch und eloquent darzustellen wusste.
Die Banalität des Bösen, so wurde mit Zwischentitel der Akt genannt, Akt vier oder fünf (ich
bin leider nicht sehr „bibelfest“ in den Grundprinzipien des
klassischen Dramas)
fuhr mit einem richtigen wagen auf die Bühne.
Ein Mord an Pasolini ersten Ranges....hätte man damit spielen können
Der Einwand verdankt sich dem Neid des Betrachters, der selbst 16 Jahre später sich eingestehen muss, dass er KEINEN KLEINWAGEN, sei er noch so schäbig hätte auf die Bühne bringen können, faute de moyen.
Selbst bei der Berieselungsinstallation kommen mir die Tränen, fällt mir doch der Klempner ein,
der monatelang mir aufgemalt hatte, wie wir das mit „nichts“ hinkriegen.
Währenddessen sass vorne auf der
Bühne der mit der schiefen Fresse im Wagen und schaute zu.
DeR HANDELDE war garnicht der
Handelnde.
In meiner melancholischen Betrachtung,
meiner emotionalen Leere, denn ich weiss ja, das das was da vorne
über die Bühne geht, ist „einstudiert“.
Das Böse nicht getan -
Jeder Hinweis darauf zeigte die
Techniken der Inszenierung, und liess uns im Glauben das wären sie
schon, so schnell effizient böse wie die Etablierung des man in
Brechts „Masse Mensch“.
Das brachte in einem kleinen rictus der
Erstarrung angesichts so viel Schönheit und Eleganz just im Schmerz
der so christlich aus sah
so Masacchio mässig
aus dem Paradies vertrieben, nackt,
weinend
mich dazu ,an meinen „zuschauenden
Bösen“ zu denken. (Nabelschau, where do you come from)
An die Figur, die damals 2003 oder 2005
der desinteressierte Böse war, mein Prototyp des Spiels
ein Antisemit.
Virgile Durand, in Deutschland
unbekannt, spielte damals die Rolle.
Virgile Durand ist dem französisch
sprachigen Publikum zwei drei Jahre später mit seinem Roman „CES
GENS LÀ“ bekannt, berühmt geworden. Ich hörte zum ersten Mal von
ihm durch einen Bassisten aus Kanada, der den Roman super fand.
Und da er mit seinem Roman beschäftigt,
nicht zur Verfügung stand, fanden „wir“
Remy Yadan
der gerade zum Trotz den Antisemiten
spielte.
Nun denke ich natürlich über diese
Doppelung vor Bühne auf der Bühne hinter der Bühne und das Echo im
Zuschauerraum
das große O
Das barocke Amphitheater in meine
kleinen Kopf starrt auf d a s grosse Amphitheater der DEUtschen der
EUROPÄISCHEN Kunstlieferung von Lausanne bis Brussels bis zur
Schaubühne
Und natürlich ist mein kleiner
„Regieversuch“ damit nicht vergleichbar, ein Sandkorn, kein
Tennisball der diese immense Leere durchquert
mein Text, kaum editiert schon in der
Vergangenheit vergessener Theaterstücke verschwunden
aus der Bühnenechtzeit.
Was verändert sich, wenn wir Dinge aus ihrer Komplexen Verwobenheit in kleine Gesten des Vorher-Nachher bringen, vereinfachen.
Die Chronologie in klare Statements gepackt, Trauer in Würde, Einsamkeit in kühle Bühnennacht
so verschwunden
wie der französische Fall des
jüdischen Telephonverkäufers,
der gefoltert umgebracht wurde
nichtweil er schwul war, sondern...
Aber darum gings nun nicht, mir
nicht...die Eindeutigkeit der Zuordnung gelingt mir nicht,
einfaches deutlichen Erzählen.
Warum, so denke ich mir , soll ich
didaktisch auf der Bühne arbeiten. Wie im Schulunterricht:
Seht her, das ist A.....das ist Person
B....
Und letztendlich läuft es wie immer in
unserer christlichen Weltordnung auf die Confessio hinaus,
Schuldeingeständnis, Témoignage, Zeugenaussage:
Der Höhepunkt der Inszenierung: ich
schaue den Tod an, weil sonst niemand es tut.
Und gerade das ist meine Frage. Die
Frage die mich beschäftigt und auf die ich empfindlich reagiere:
Was ist Kunst, wenn niemand hinsieht.
Wenn die Einsamkeit übermächtig ist.
Wie operiert Kunst, die sich mit
sakralen Elementen beschäftigt, wenn sie alleine ist, es keinen
Adressaten mehr gibt
Aus der Perspektive des Versagers
Das OPFER
und der keiner Meisterschaft hat. All
drei gehören zu einem Ideenkreis.
Der
Auslöser, um von Aussenseitern auf der Bühne zu sprechen.
Was
ist in Europa der Aussenseiter -
Nur
der Barbar?
Was
ist die DYNAMIK des Versagers und worin unterscheidet es sich vom
KUNSTBILDENDEN OPFER?
Die Abstufung zwischen OPFER - VERSAGER
und Dilettant wird so heute zu einer organischen Einheit - in der
wir über energetische Prozesse
des Verschweigens Verschluckens
Erstickens
aber auch über Bilder des Wassers, des
Feuers, des Totschlagens garnicht richtig reden können.
Exkurs:
Der Brunnen, den die Stadt Freiburg
gegen den Willen der jüdischen Gemeinde auf den Überresten der
Synagoge und den alten Gräber hat „ergiessen lassen“ als
Friedenstiftenden Ort des Zueinanderfindens -
als Quell, als Löschwasser, das den
Brand löscht als wärs ein ewiger, eine Taufe ist da möglich
und der Hohn derer, die wissen d as
sich dieses Wasser nicht teilen wird.
Der Freiburger Brunnen wird sich nicht
teilen, kein den Himmel spiegelnder Diamant in die Tiefe reichen, um
den Grund freizugeben -
Es ist ein sehr dogmatisches Bild über
das Freiburger Selbstverständnis.
Ich werde meine Votze in dieser Quelle
darin nicht baden, das tun vielleicht Kinder - und auch die machen
nach dem Freiburger Selbstverständnis nur unschuldiges Pipi. Tant
pis.
Der Aussenseiter der ich bin - wird es
nicht in die Literatur schaffen.
Die Obszönität die ich gebrauche, und
die mit der, welche in Basel auf der Bühne eingesetzt wird, das
gemeinsam hat, dass sie dieselbe ist
wir pinkeln auf das Opfer
ist im einen Fall eine Demonstration
der maîtrise über die momentan gängigen Theaterpraktiken
im anderen Fall die Stagnation im
Kranken Infantilen, gestörten -
aus Krankem kann keine Kunst entstehen.
Diese Stagnation - IHRE und MEINE
denn: Zusammen bilden wir ein Ganzes
ist es,
welche Rückschlüsse auf sakrale
Elemente im Theater ziehen lässt.
Die Hinrichtung wird zu einem
wesentlichen Teil des Theaterprojekts,
so wie, könnte man scherzhaft sagen,
die Tatortbesessenheit am Sonntagabend.
es ist d a s Gewebe der Inszenierung, aus dem sich für diese Gesellschaft eine kathartische Wirkung
ableiten lässt.
Leider ist in meinem Wertekanon - das - blöd. Saublöd. Die Inszenierung der Hinrichtung geht gänzlich an
einer MIMESIS vorbei und meinen Ideen zu einer .....
MiMESIS war eins der wesentlichen
Kriterien auf denen Botho Strauss, um nur den zu nennen - seinen
BOCKSGESANG aufbaute - oder Handke die Publikumsbeschimpfung - ob
positiv oder negativ spielt keine Rolle, es ist der gleiche
Hintergrund.
....inkursiv gesprochen:
einer Nachahmung des menschlichen oder
menschenähnlichen Wesens vorbei.
In Deutschland spricht man nicht
durcheinander, ich weiss, wild durcheinanderreden macht nur der
soziale Abschaum, Wütend macht das den gebildeten Dialogiker. Den
TalkshowGebildeten.
Vielleicht ist mein Wertekanon der einer
Menschlichkeit, die für Sie keine ist.
Ich muss halt auf die Zeit oder die
Menschen warten, die das irgendwann mal verstehen werden.
Bis dahin ist mein Wertekanon
nichtexistent und nicht abbildbar.
Der Tod, der Auslöser meiner Arbeit
starb garnicht durch Schläge oder
einen „Autounfall - in - Anführungszeichen“.
Man hat ihm die Gedärme heraus
genommen.
Diese chirurgische Darstellung des
Bösen ist für mich deswegen so schwierig, weil ihm in
dramatischer Hinsicht, in griechischer
Hinsicht etwas fehlt, thymos oder sthenos, ich weiss es nicht mehr.
Ein Leib ohne Eingeweide.
Ihsane Jarfi